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zies zu klonen. Den Zikaden weiblichen Geschlechts da-
gegen, das heißt den Feministinnen mit dem schlechten
Gedächtnis, habe ich allerdings etwas zu sagen. Herun-
ter mit der Maske, ihr falschen Amazonen. Erinnert ihr
euch noch an die Jahre, in denen ihr mich mit Beleidi-
gungen überhäuft habt, anstatt mir dafür zu danken, dass
ich euch den Weg geebnet habe, indem ich nämlich be-
wiesen habe, dass eine Frau jede Arbeit mindestens ge-
nauso gut oder besser machen kann als ein Mann? Er-
innert ihr euch an die Jahre, in denen ihr mich, anstatt
mich als Vorbild hinzustellen, als schmutziges Macho-
Weib, als Macho-Schwein bezeichnet und gesteinigt habt,
weil ich ein Buch mit dem Titel Brief an ein nie geborenes
Kind geschrieben hatte? »Hässlich, hässlich, hässlich. Das
hält sich höchstens einen Sommer.« (Inzwischen hält es
sich schon dreißig Jahre.) Und auch: »Die denkt mit der
Gebärmutter.« Nun, wo ist euer galliger Feminismus ge-
blieben? Wo ist euer angeblicher Kampfgeist geblieben?
Wie kommt es, dass ihr hinsichtlich eurer afghanischen
Schwestern, der von den Macho-Schweinen in Rock und
Turban hingerichteten gefolterten gedemütigten zu Mär-
tyrerinnen gemachten oder in die Irre geleiteten Frauen,
das Schweigen eurer kleinen Zuhälter nachahmt? Wie
kommt es, dass ihr nicht mal ein kleines Protestgeschrei
anstimmt vor der Botschaft von Afghanistan oder Sau-
di-Arabien oder irgendeinem anderen moslemischen
Land? Habt ihr euch alle in den faszinierenden Usama
Bin Laden verga , in seine großen Torquemada-Augen,
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in seine dicken Lippen und in das, was er unter seinem
schmutzigen Rock hat? Findet ihr ihn romantisch, hal-
tet ihr ihn für einen Helden, träumt ihr alle davon, von
ihm vergewaltigt zu werden? Oder ist euch die Tragödie
eurer moslemischen Schwestern scheißegal, weil ihr sie
für minderwertig haltet? Wer ist denn hier rassistisch:
ich oder ihr? Die Wahrheit ist, dass ihr nicht einmal Zi-
kaden seid. Ihr seid und wart seit jeher Hennen, die nur
im Hühnerstall zu gackern verstehen, gack, gack, gack.
Parasitinnen, die bei dem Versuch, groß herauszukom-
men, immer einen Hahn, einen Zuhälter, einen Schutz-
engel gebraucht haben.
Stopp. Lass mich nun die Schlussfolgerung aus meinem
Gedankengang darlegen.
* * *
Weißt du, wenn ich dermaßen verzweifelt bin, habe ich
nicht nur die apokalyptischen Szenen vom 11. September
2001 vor Augen: Die Körper, die dutzendweise aus dem
achtzigsten und neunzigsten und hundertsten Stockwerk
fallen, der erste Turm, der implodiert und sich selbst ver-
schluckt, der zweite, der schmilzt, als wäre er ein Stück
Butter. Oft schiebt sich über die beiden Türme, die es
nicht mehr gibt, das Bild der beiden Jahrtausende alten
Buddhas, die die Taliban vor sechs Monaten in Afgha-
nistan zerstörten. Die Bilder mischen sich, verschmel-
zen, werden zu ein und derselben Sache, und ich denke:
Haben die Leute denn diese Untat schon vergessen? Ich
nicht. Jedes Mal, wenn ich die zwei kleinen Buddhas be-
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trachte, die in meinem livingroom stehen und die mir ein
alter, von den Roten Khmer verfolgter Mönch in Pnomh
Penh während des Krieges in Kambodscha schenkte,
krampft sich mein Herz zusammen. Es zerspringt und
anstelle der zwei kleinen Messingbuddhas sehe ich die
beiden riesigen Buddhas vor mir, die in den Felsen ge-
hauen im Tal von Bamiyan standen. In dem Tal, durch
das vor Tausenden von Jahren die voll beladenen Kara-
wanen aus dem Römischen Reich in den Fernen Osten
zogen oder umgekehrt. An dem Ort, durch den die le-
gendäre Seidenstraße führte, an dem sich alle Kulturen
trafen und vermischten. (Welch schöne Epoche.) Ich
sehe beide Buddhas vor mir, weil ich alles über sie weiß.
Dass der ältere (drittes Jahrhundert) fünfunddreißig
Meter hoch war. Der andere (viertes Jahrhundert) beina-
he vierundfünfzig. Dass beide am Rücken mit dem Fel-
sen verbunden und ganz mit polychromem Stuck über-
zogen waren. Rot, gelb, grün, blau, violett. Dass ihre Ge-
sichter und ihre Hände vergoldet waren. Dass sie in der
Sonne funkelten, gleißend wie kolossale Juwelen. Dass
im Innern der Nischen (von jetzt an ebenso leer wie lee- [ Pobierz całość w formacie PDF ]

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